
Achtfarben-Flexodruckmaschine iFlex von Omet als jüngste Installation in der langjährigen Chromos-Ära der Druckerei Stehle Etiketten in Ravensburg – Klemens Ehrlitzer
Wer die aktuelle DNA eines Unternehmens verstehen will, sollte auch seine Geschichte kennen. Bei der Gebr. Stehle & Co. GmbH aus Ravensburg war der Start ein Kuriosum, dem lange Phasen mit kontinuierlicher Entwicklung folgten. Die gegenwärtige Phase wurde vor allem geprägt durch Geschäftsführer Hans-Peter Jerg, der die Firma 2003 von den Gründern Klaus und Hubert Stehle übernommen hat. Im vorliegenden Beitrag gibt er zusammen mit Prokurist René Miedl einen Einblick, welchen Einfluss in dieser Zeit die Chromos GmbH als langjähriger Lieferpartner auf die drucktechnische Entwicklung der Etikettendruckerei hatte.
Die Gebr. Stehle & Co. GmbH ist auf die Herstellung von selbstklebenden Etiketten spezialisiert und setzt dazu die gängigen Druckverfahren ein. Seit 2015 wird im Digitaldruck produziert, und 2018 wurde mit der iFlex 370 von Omet eine neue Achtfarben-Rollenmaschine für den Flexodruck installiert. Der Buchdruck war für das Unternehmen aus Ravensburg-Schmalegg jedoch – wie für viele andere Etikettendruckereien auch – das Verfahren, das den Grundstein legte und anschließend für viele erfolgreiche Geschäftsjahre sorgte.
Erfolgsgeschichte nach risikoarmem Start
Die beiden Firmengründer Klaus und Hubert Stehle hatten allerdings eine ganz besondere Beziehung zu dieser Drucktechnik. Ihre Verbindung zum Etikettendruck entstand, als die beiden Brüder, die in den 1950ern eine Lehre als Maschinenschlosser abgeschlossen hatten, Anfang der 1960er Jahre zur Firma Gallus in die Schweiz gingen. Gut zehn Jahre lang waren sie in den Diensten des St. Galler Maschinenbauers und sorgten am Ende als Montageleiter bzw. Leiter der internen Montage für die weltweite Installation der Maschinen. 1973 beschlossen sie, selbst in den Etikettendruck einzusteigen und eine eigene Drucklinie zu installieren. Für die Brüder war dieser Entschluss aus zwei Gründen vergleichsweise risikolos. Zum einen wies die Produktion von Haftetiketten in dieser Zeit ein hohes Wachstumspotenzial auf und zum anderen hatten sie vom damaligen Gallus-Chef Ferd. Rüesch (sen.) die Zusage, zum Druckmaschinenhersteller in die Schweiz zurückkehren zu können, sollte ihr Projekt scheitern.

Bis 1984 hatte sich das Unternehmen bereits so erfolgreich entwickelt, dass neben der ersten Fünffarben-Druckmaschine noch drei weitere Drucklinien im Maschinensaal produzierten. Im Jahr 1985 zog die Firma Stehle in einen Neubau am heutigen Standort um. Diese Zeit ist dem jetzigen Geschäftsführer Hans-Peter Jerg lebhaft in Erinnerung geblieben. Als gelernter Schreiner hat er am Innenausbau der neuen Halle mitgewirkt. Er hatte handwerkliches Geschick und so bot Klaus Stehle Hans-Peter Jerg an, im Unternehmen als Etikettendrucker anzufangen. So kam es, dass er 1985 in der neuen Halle an einer neuen Gallus V330 seine Laufbahn in der Etikettenindustrie startete.
Eigentümerwechsel bringt frischen Schwung
Der nächste Meilenstein im Geschäftsleben von Hans-Peter Jerg folgte im Jahr 2003, als die Brüder Stehle ihr Unternehmen aus Altersgründen an ihn verkauften. Die etablierte Firma verfügte über ein engagiertes Team, so dass die neue Führung frischen Schwung in den Betrieb brachte. Unterstützt wurde er ab 2004 durch René Miedl. Als gelernter Flexograph, der in einer Offsetdruckerei bereits alle Bereiche von der Druckvorstufe bis zum Druck durchlaufen hatte, bildeten beide ein Team, das sich in vielen Dingen ergänzte. In dieser günstigen Konstellation konnten sie das Unternehmen in seiner Entwicklung konstant voranbringen.
Dazu hat die Firma seit 2005 jedes Jahr entweder in Technik oder in Gebäude investiert. In allen Fällen galt jedoch der schwäbische Grundsatz, dass Geld erst verdient sein muss, um es ausgeben zu können. Parallel hat sich in dieser Zeit der Personalbestand von ehemals fünf auf heute knapp 20 Mitarbeiter ausgeweitet. Als vor einigen Jahren der Anteil der für den Digitaldruck prädestinierten Kleinaufträge zu wachsen begann, wurden diese zuerst extern vergeben. »Währenddessen haben wir den Markt aufmerksam beobachtet, um den passenden Zeitpunkt zum eigenen Einstieg in den Digitaldruck zu finden«, erinnert sich René Miedl. Die Entscheidung zur Installation eines eigenen digitalen Drucksystems fiel, nachdem sich 2015 ausreichend Potenzial angesammelt hatte.
Vertrauensvolle Partnerschaft begründet Chromos-Ära
Mit der Ergänzung der Buchdruck-Kapazitäten um den Digitaldruck entstand bei Stehle Etiketten eine neue Situation. Seit der Inbetriebnahme einer Viva 340 von Codimag im Jahr 2000 hatte die Druckerei nach und nach vier weitere Modelle des französischen Herstellers aufgestellt. Mit diesem maschinentechnischen Schwerpunkt konnte im Laufe der Zeit ein spezieller Markt als lukrative Nische erschlossen werden. Aufgrund der sinkenden Auflagen verlagerten sich zuletzt jedoch immer mehr Jobs in den Digitaldruck. Der Buchdruck war für die mittleren Auftragsgrößen zwar nach wie vor das Verfahren der Wahl, für größere Auflagen stellte er dagegen eher eine unwirtschaftliche Notlösung dar.

»Diese Situation unseres Unternehmens haben wir mit der Chromos GmbH eingehend diskutiert. Schließlich ist unsere erfolgreiche Entwicklung der letzten Jahre eng mit diesem Lieferpartner verbunden«, erklärt Hans-Peter Jerg. Das Augsburger Handelsunternehmen vertritt im deutschsprachigen Markt u.a. die Firma Codimag. Es hat Stehle Etiketten seit der Jahrtausendwende bei der Installation fast aller Druckmaschinen begleitet. Hans-Peter Jerg schätzt vor allem, dass sich die Chromos GmbH immer als vertrauensvoller Partner erwiesen hat, der in der Beratung in erster Linie die Belange der Kunden in den Vordergrund stellt. Das erleichterte ihm die Entscheidung, im Unternehmen ein weiteres Druckverfahren einzuführen und in eine Flexodruckmaschine von Omet zu investieren. Der Maschinenbauer aus dem italienischen Lecco zählt ebenfalls zu den Unternehmen, die von der Chromos GmbH als Vertriebspartner betreut werden. So kam es, dass in Ravensburg im Oktober 2018 eine iFlex mit acht Flexodruckwerken und umfangreicher Zusatzausstattung wie »Peel and Seal« und »Delam-Relam« in Betrieb genommen wurde.
Akribische Vorbereitung
Diese Installation stellte eine besondere Herausforderung für das Unternehmen dar. Es gab keine praktische Erfahrung mit dem Flexodruck, und bis zu diesem Zeitpunkt waren alle installierten Druckmaschinen translative Systeme. Somit galt es neben dem neuen Druckverfahren auch die erste Rotationsmaschine sowie die gesamte dazugehörige Peripherie von der verfahrensspezifischen Druckvorstufe bis hin zu den Klischees und Druckfarben in den laufenden Betrieb einzugliedern.

Klaus Sedlmayr war als Geschäftsführer der Chromos GmbH in den Planungs- und Installations-Prozess involviert. Er erinnert sich noch genau, wie akribisch die Inbetriebnahme bis ins Detail vorbereitet war. Selbst bei der gesamten Ausstattung im Peripherie-Bereich mit Plattenmontagegerät, Klischeereinigungssystem, Teilewaschanlage etc. setzte René Miedl von Anfang an auf hochwertige Technik. »Wir wollten die Startphase möglichst kurz gestalten, weil schon mehrere Projekte mit Flexodruck-Aufträgen in Planung waren. Am Ende hat es auch tatsächlich funktioniert. Nach Montage und Abnahme der Maschine haben wir ohne nennenswerte Gewöhnungsphase mit der Produktion begonnen.«
Wertvolles Netzwerk an Partnern
Der Produktionsstart konnte auch deshalb so reibungslos über die Bühne gehen, weil Stehle Etiketten durch ein Netzwerk an ausgesuchten Partnern begleitet wurde. So liefert die Firma COE beispielsweise die Druckformen. Sie unterstützt zusätzlich überall dort, wo Aufgaben im Prepress-Bereich spezielles Know-how für den Flexodruck erfordern. In Sachen Druckfarben vertraut die Druckerei weiterhin auf Zeller+Gmelin. Der Farbenlieferant fungiert seit 2010 bereits als kompetenter Lieferpartner – anfangs für die im Buchdruck eingesetzten Farben.
»Es entspricht unserer Firmenphilosophie, Partnernetzwerke zu nutzen. Im Rückblick hat es sich wieder einmal als richtig erwiesen, auf diese Weise ein Gesamtpaket mit Maschine, Druckformen und Druckfarben zu schnüren, das aufeinander abgestimmt ist«, meint René Miedl.
Details entscheiden über die Investition
Im Zentrum der Investition stand dabei logischerweise die Druckmaschine. Bei verschiedenen Tests war Hans-Peter Jerg das Modell iFlex 370 aufgrund seiner Bedienerfreunlichkeit und dem stabilen Laufverhalten positiv aufgefallen. Da nach seiner Erfahrung die Unterschiede in Sachen Technik und Leistung bei den meisten Maschinen auf dem Markt immer geringer werden, legt er sein Augenmerk vor allem auf Details. Mit dem geschulten Blick eines gelernten Handwerkers für die Feinheiten des Maschinenbaus entdeckte er an der iFlex einige Dinge, die dem Bedienpersonal in der Praxis das Leben erleichtern.

Eine wichtige Rolle spielte bei der Investitionsentscheidung auch die Möglichkeit, sich mit iFlex-Anwendern über deren Praxiserfahrungen austauschen zu können. »Zum Teil wurden unsere Erwartungen dabei sogar übertroffen. Die Andrucke zeigten eine Druckqualität, z.B. mit fast gegen Null auslaufenden Verläufen, die wir so nicht erwartet hatten«, erinnert sich Hans-Peter Jerg. Nachdem er inzwischen eigene Erfahrungen sammeln konnte, schätzt er darüber hinaus insbesondere die zusätzlichen Ausstattungsmöglichkeiten. Sowohl die Herstellung von Multilayer-Etiketten mithilfe der Peel-and-Seal-Einrichtung als auch der Rückseitendruck auf der Leimschicht mittels Delam-Relam-Modul werden regelmäßig eingesetzt. Im Rückblick wäre für ihn sogar eine noch umfangreichere Zusatzausrüstung denkbar.
Gute Ergänzung der Angebotspalette
Die neue iFlex fügt sich bei Stehle Etiketten wie erhofft in die vorhandene Produktionskapazität ein. »Für uns ist vor allem hilfreich, dass wir speziell die Jobs vom semirotativen Buchdruck in den Flexodruck verlagern können, die mit der neuen Maschine wirtschaftlicher zu fertigen sind. Da unsere Kunden ihre Etiketten zum Teil europaweit einkaufen, stehen wir häufig im Wettbewerb mit ausländischen Anbietern. In diesen Fällen können wir mittlerweile konkurrenzfähigere Preise anbieten«, erklärt René Miedl.
Das Verschieben von Aufträgen hat einerseits dafür gesorgt, dass für die neue Maschine von Anfang an eine gewisse Grundauslastung bestand. Im Gegenzug trug die Umschichtung zur Entlastung im Buchdruck bei. Da in der Startphase auch schon neue Projekte hinzukamen, rückte die angestrebte einschichtige Auslastung schnell in erreichbare Nähe. Dabei kommt dem Unternehmen zugute, dass neue Aufträge ohne langwierige Entscheidungsprozesse umgesetzt werden können. Diese kurzen Reaktionszeiten wissen viele Kunden zu schätzen. So zählen neben Firmen aus dem regionalen Umfeld auch weltweit agierende Konzerne zur Kundschaft der Ravensburger Etikettendruckerei. Schätzungsweise die Hälfte der europaweit eingehenden Aufträge stammt dabei aus dem Lebensmittelbereich, und knapp ein Drittel sind Industriekunden. Die übrigen Etiketten werden u.a. in den Pharma- und Veterinärbereich geliefert.
Druckfarben zu 100 Prozent Low Migration
Da ein Großteil der Kunden im Lebensmittelsegment angesiedelt ist, hat sich der Betrieb als Reaktion auf die seinerzeitige ITX-Diskussion entschieden, bei Druckfarben und Lacken komplett auf Low-Migration-Varianten umzustellen. Stehle Etiketten war damit eine der ersten Druckereien, die im Buchdruck LM-Farbsysteme eingesetzt hat. Seither ist bei jeder neuen Investition die durchgängige Low-Migration-Produktion eine Grundvoraussetzung für die Installation.

Ein weiterer Grundsatz des Unternehmen ist die konsequente Inline-Fertigung. Wie alle anderen Drucklinien ist auch die iFlex deshalb mit einem Turret-Rewinder ausgestattet, so dass an der Druckmaschine bereits versandfertige Kleinrollen produziert werden. Auf diese Weise ist eine Konfektionierungsabteilung überflüssig. Dadurch verlagert sich die Aufgabe der Qualitätskontrolle an die Druckmaschine. Das Druckpersonal kommt mit dieser Verantwortung seit Jahren gut zurecht. Jede Maschine wird ohnehin von einem Mitarbeiter bedient, der für »seine« Produktionslinie verantwortlich ist. Wie die Erfahrung in Ravensburg zeigt, profitieren von diesem Konzept alle Seiten. Das Unternehmen erzielt eine höhere Wertschöpfung, und die Mitarbeiter gewinnen durch das entgegengebrachte Vertrauen an Zufriedenheit und Selbstbewusstsein.
Image im Markt schärfen
In der Anfangszeit ist das Unternehmen meist gut damit gefahren, seine Bodenständigkeit zu bewahren. Zuletzt hat es jedoch große technische Fortschritte und ein konstantes Wachstum erlebt. Besonders gut ist die erfolgreiche Entwicklung an den Produktionsgebäuden am Standort im beschaulichen Ravensburg Schmalegg ablesbar. Sie wurden immer wieder durch Anbauten oder wie zuletzt 2018 durch den Ausbau der Lagerkapazitäten erweitert. Die mittlerweile deutlich gewachsene Bedeutung des Unternehmens wollen Hans-Peter Jerg und René Miedl zukünftig auch in der Außendarstellung mit einem selbstbewussten Auftritt vermitteln. Sie haben deshalb gezielt in Marketing-Maßnahmen investiert. Das reicht von der Überarbeitung des Firmenlogos und der Website über die Erstellung einer neuen Image-Broschüre bis hin zur repräsentativen Gestaltung des Außenbereichs.
Herausforderungen sowohl mit Pragmatismus als auch Optimismus anzugehen, gehört zur DNA der Firma Stehle Etiketten. Ein anschauliches Beispiel dafür ist die in diesem Beitrag geschilderte Einführung des Flexodrucks mit der Installation der iFlex 370. Diese Investitionsentscheidung war nach Einschätzung von Hans-Peter Jerg der richtige Schritt, um beim Einstieg in die neue Verfahrenstechnik die erforderlichen Erfahrungen zu sammeln. Da die Maschine bereits nach wenigen Monaten gut ausgelastet war, erscheint seiner Ansicht nach eine Erweiterung der Flexodruckkapazitäten in absehbarer Zeit durchaus möglich.
〉 www.stehle-etiketten.de
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〉 www.omet.com