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Foto: Bobst Italia

 

James Siever, Generalsekretär der European Rotogravure Association (ERA)*

Der Tiefdruck ist das klassische Druckverfahren für hohe Auflagen, weil er wie kein anderes Druckverfahren Konsistenz, Druckqualität und Farbbrillanz garantiert. Er wird daher idealerweise für die Herstellung von auflagenstarken Zeitschriften und Katalogen sowie Werbeflyern und Supplements der Handelsketten, darüber hinaus insbesondere bei der Produktion von Folienverpackungen der Markenartikler für Lebensmittel und Süßwaren, von Pharmaverpackungen sowie von Dekorpapier für Fussbodenlaminat, Möbelfurnier und Küchenplatten eingesetzt.

Seine enorme Anwendungsbreite zeigt sich im täglichen Leben, in dem man dem Tiefdruck am Zeitschriftenkiosk, im Supermarkt, in der Apotheke, in der eigenen Küche oder auch im Hotelzimmer ständig begegnet. Insgesamt werden allein in Europa etwa 1200 Tiefdruckmaschinen betrieben sowie jährlich über 1,2 Mio. Tiefdruckzylinder hergestellt.

Illustrationstiefdruck hat an Bedeutung verloren
Der einstmals bei Magazinen und Katalogen dominierende Illustrationstiefdruck hat allerdings aufgrund der durch das Internet ausgelösten tiefgreifenden strukturellen Verschiebungen in den Medienmärkten zu Lasten von Print hin zu Online an Bedeutung verloren. So sind von den noch im ersten Jahrzehnt der 2000er Jahre für Magazine und Kataloge in Europa pro Jahr verdruckten fast 5 Mio. to Papier in 2019 nur etwa die Hälfte verblieben.

ERA, Tiefdruck, Dekordruck, Verpackungsdruck,Dies ist Folge des jahrelangen Auflagenschwunds bei Magazinen bzw. der Reduzierung ihrer Seitenzahl vor allem wegen des Anzeigenrückgangs aufgrund der teilweisen Verlagerung der Akttivitäten der werbetreibenden Wirtschaft ins Netz sowie des Verschwindens der traditionellen halbjährlich erschienenen bis zu 1000 Seiten starken Versandhauskataloge (»Big Books«). Stattdessen hat der Versandhandel seine Aktivitäten zunehmend ins Netz verlagert und stellt sich ähnlich Amazon als reine Internetunternehmen auf.

Eine Ausnahme war lange der IKEA-Katalog, dessen weltweite Auflage von vor wenigen Jahren noch über 200 Mio. Exemplaren fast komplett im Tiefdruck hergestellt worden ist. Mittlerweile hat aber auch IKEA sein Marketing den digitalen Medien angepasst und die Auflage des Katalogs in einigen Ländern reduziert. Festzuhalten bleibt, dass es sich bei der beschriebenen Entwicklung zu Lasten des Illustrationstiefdrucks aber nicht um ein verfahrenstechnisches, sondern um ein strukturelles Problem handelt, das den Rollenoffset, das Wettbewerbsverfahren in diesen Segmenten, in gleicher Weise betroffen hat.

Dynamische Entwicklung für Verpackungstiefdruck
Anders als im Illustrationstiefdruck hat sich der Verpackungstiefdruck dagegen dynamisch entwickelt. Dies gilt insbesondere für Asien, wo der Tiefdruck bei flexiblen Verpackungen bis zu 80% Marktanteil aufweist. Starkes Wachstum verzeichnete der Tiefduck in den letzten Jahren vor allem in den südostasiatischen »Tigerstaaten« Indonesien, Malaysia, Phillippinen, Thailand und Vietnam, wo mit fast 1500 doppelt so viele Verpackungstiefdruckmaschinen betrieben werden wie in Europa.

ERA, Tiefdruck, Dekordruck, Verpackungsdruck,Da sich in Asien die von Basar- bzw. Kleinhandel geprägten Strukturen mehr in Richtung Super- bzw. Hypermärkte wandeln, hat der Bedarf nach modernen Folienverpackungen für Lebensmittel und Produkte des täglichen Bedarfs zugenommen und wird weiter wachsen. Das begünstigt den Tiefdruck, dessen USP (»unique selling point“) wie exzellente Druckqualität bei gleichbleibender Konsistenz bei großen Auflagen diesem Trend entgegenkommt.  Die Verpackungsdrucker in Asien haben daher in den letzten Jahren verstärkt in moderne Tiefdrucktechnologie investiert. Ein nicht geringer Anteil der Rekordverkäufe der europäischen Maschinenhersteller der letzten Jahre ist daher nach Asien gegangen.

Image des Tiefdrucks
Sowohl im Jahr 2001 als auch in 2006 hatte die ERA Studien zum »Image des Tiefdrucks bei den Markenartiklern« in Auftrag gegeben. In beiden Studien, die von Europas führendem Marktforschungsinstitut GfK durchgeführt wurden, ging es um die Wahrnehmung des Tiefdrucks und des Flexodrucks auf Kundenseite. Für den Tiefdruck ergaben sich vorteilhafte Ergebnisse, da acht von zehn Markenartiklern den Tiefdruck als bevorzugtes Druckverfahren für ihre Verpackungen nannten.

ERA, Tiefdruck, Dekordruck, Verpackungsdruck,Erneut im Jahr 2013 hat die GfK, wiederum im Auftrag der ERA, die Anforderungen der Markenartikler an den Verpackungsdruck untersucht. Danach sind wichtige Kriterien für die  Markenartikler bei der Auswahl des Druckverfahrens Höhe der Auflage und Druckqualität. Sofern exzellente Bilder und hohe Farbsättigung erforderlich sind, ist die Druckqualität das entscheidende Kriterium, das bei der Wahl des Druckverfahrens ausschlaggebend ist. Wie in den Studien der Jahre 2001 und 2006 wird der Tiefdruck von den Markenartiklern nicht nur als das ideale Verfahren für hohe Auflagen angesehen, sondern auch als das Verfahren, das die höchste Druckqualität garantiert.

Die 2013er Untersuchung hat aber auch die Tendenz zu häufigerem Designwechsel und damit zu kleineren Auflagen bestätigt. Außerdem werden vermehrt Sonderdesigns nachgefragt z.B. bei bestimmten Anlässen wie Fußballweltmeisterschaften oder Olympische Spiele. Dies hat sich aber in der aktuellen Corona-Krise geändert. Da solche Veranstaltungen derzeit nicht stattfinden, sind nun statt kleinerer Auflagen mit Sonderdesigns besonders große Auflagen mit Standarddesigns gefragt, was dem Tiefdruck geradezu einen Boom beschert hat.

Dennoch ist davon auszugehen, dass nach Corona der Trend zu häufigem Designwechsel und kleineren Auflagen wieder aufleben wird, was vor allem flexible und schnelle Druckverfahren begünstigt. Dies sollte aber für den Tiefdruck keinesfalls von Nachteil sein, da er insoweit in den letzten Jahren seine Hausaufgaben gemacht und seine Effizienz sowohl in der Vorstufe als auch bei den Maschinenrüstzeiten weiter optimiert hat. Und die Maschinenhersteller haben mittlerweile auch kompakte Tiefdruckmaschinen entwickelt, die sich ideal eignen für Aufträge mit kleineren Losgrößen (z.B. Dynastar von Windmöller & Hölscher oder NXS 300 von Uteco).

ERA, Tiefdruck, Dekordruck, Verpackungsdruck,Dekordruck setzt auf Tiefdruck und Digitaldruck
Eine starke Stellung hat der Tiefdruck besonders auch im Dekordruck. Das für die Herstellung von Fussbodenlaminat, Möbelfurnier und Küchenplatten von der Holzwerkstoff-  und Möbelindustrie benötigte bedruckte Dekorpapier wird üblicherweise im Tiefdruck produziert. Die in den letzten Jahren boomende Nachfrage z.B. aus der Bauindustrie hat den Verbrauch bei Fussbodenlaminat und Küchenplatten mit den verschiedensten Dekoren gefördert. In diesen Segmenten ist der Markt vor allem in China stark gewachsen, wo die großen europäischen Dekordrucker mittlerweile eigene Produktionsstätten haben.

Bei den Dekordruckern werden seit kurzem komplementär zum Tiefdruck Dekorpapiere auch im Digitaldruck bedruckt. Dies gilt aber ausschließlich für kleine Losgrößen und zunehmend nachgefragte individuelle Designs z.B. zur Ausstattung eines Hotels. Für die in großen Auflagen produzierten Standarddekore für die Holzwerkstoff- oder Möbelindustrie ist aber der Tiefdruck unverändert das gängige Verfahren.

Corona-Krise wirkt sich auch im Tiefdruck aus
Die Einschränkung des öffentlichen Lebens und die Verhängung von Ausgangssperren in praktisch allen europäischen Länder während des Höhepunkts der Corona-Krise im Frühjahr 2020 haben die Wirtschaft und Industrie stark betroffen. Dies gilt selbstverständlich auch für die Tiefdruckindustrie. So sind die Maschinenhersteller nach wie vor in einer schwierigen Situation, da sie z.B. ihre Techniker nicht mehr zu den weltweit verteilten Kunden schicken können, wo ihre Maschinen betrieben werden. Auch sind Investitionen in neue Maschinen  aufgeschoben worden. Insoweit läuft die Nachfrage nur sehr langsam wieder an.

Besser sieht es dagegen bei den Verpackungstiefdruckern aus, die gut damit beschäftigt sind, das dringend benötigte Verpackungsmaterial für die großen Markenartikler und Lebensmittelkonzerne zu drucken. Dies gilt auch für die Zylinderhersteller, die für die Verpackungsdrucker die Druckformen herstellen und zuliefern. Da besonders große Auflagen gefragt sind, hat der Tiefdruck sogar eine Renaissance erlebt und sich als systemrelevanter Industriesektor erwiesen.

Tiefdruck weist gute Umweltbilanz auf
Auch das bei der EU laufende Autorisierungsverfahren für Chromtrioxid, im Tiefdruck bei  der Herstellung des Tiefdruckzylinders eingesetzt, sollte nun vor einem erfolgreichen Abschluss stehen, nachdem eine vom Umweltausschuss des Europaparlaments vorgelegte Resolution gegen die Autorisierung vom Parlament zurückgewiesen worden ist. Nur mit Chromtrioxid läßt sich die für Stabilität und Druckkonsistenz des Zylinders unverzichtbare Hartchromschicht in einem galvanischen Verfahren generieren. Außer beim Tiefdruck kommt Chromtrioxid auch in zahlreichen anderen Industrien wie z.B. im Automobil- und  Flugzeugbau zum Einsatz, vor allem um Oberflächenhärte und Korosionsschutz zu gewährleisten. Festzustellen ist, dass der Tiefdruck eine gute Umweltbilanz aufweist. So werden Lösemittel im Kreis gefahren und Zylinder wieder verwendet bzw. problemlos recycelt.

Insgesamt ist der Tiefdruck aufgrund der zahlreichen technischen Innovationen bei Druck und Vorstufe gut aufgestellt. Dass der Tiefdruck ein technisch einfaches Verfahren ist, erklärt seine Dominanz in den aufstrebenden Märkten Asiens. Unter der Voraussetzung, dass der Tiefdruck seinen hohen technischen Standard nicht nur halten kann, sondern seinen Prozess fortlaufend weiter optimiert, sollte er seine Position in den Druckmärkten auch in der Zukunft behaupten können.

 

* Die ERA ist die internationale technische Organisation der Tiefdruckindustrie mit weltweiter Mitgliedschaft aus den Bereichen Publikations-, Verpackungs- und Dekortiefdruck sowie der Zulieferindustrie. Aufgabe der ERA ist die Förderung des Tiefdruckverfahrens bei Anwendern und Printbuyern. Gegründet wurde die ERA von den bedeutenden europäischen Verlagshäusern im Jahr 1956. Sitz des Verbands ist München. www.era-eu.org

 

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