Die Heidelberg Web Carton Converting GmbH integriert das BLK-6-System von IST Metz in der Demo-Maschine ICS 670 in Weiden – Klemens Ehrlitzer

Wie wichtig ist ein Demo-Center für Druckmaschinenhersteller? Da heutzutage so gut wie alle Interessenten erwarten, vor einer Investitionsentscheidung die technischen Möglichkeiten eines Systems live testen zu können, sind solche Einrichtungen besonders im Bereich des Verpackungsdrucks mit seinen vielschichtigen Aufgabenstellungen nahzu unverzichtbar geworden. Die Heidelberg Web Carton Converting GmbH, die mit ihren Inline-Maschinensystemen vor allem auf Marktsegmente wie Faltschachteln, Flüssigkeitsverpackungen oder flexible Verpackungen zielt, hat das Vorführ- und Testzentrum in Weiden deshalb vor einiger Zeit deutlich ausgebaut und die Ausstattung der demonstrierten Baureihen modernisiert. Im Zuge dieser Aktivitäten wurde an der Heidelberg ICS 670 beispielsweise zur UV-Härtung das BLK-6-System neuester Prägung von IST Metz integriert. Was das Unternehmen zu dieser Entscheidung bewogen hat, erklärte Heidelberg-Produktmanager Werner Schwab während eines Besuchs im Demo-Center in Weiden.

In der internationalen Welt der hochwertigen Verpackungen ist der oberpfälzische Standort Weiden ein Begriff, insbesondere wenn es um die Inline-Produktion komplexer Verpackungslösungen geht. Auch zum Zeitpunkt des Interviewtermins weilte eine Besuchergruppe eines asiatischen Unternehmens im Demo-Center, um sich vor Ort über die Möglichkeiten der Heidelberg ICS 670 zu informieren. Das weltweite Interesse ist groß, so dass die Einrichtung mehr als die Hälfte des Jahres für Demos und Vorführungen gebucht ist.

heidelberg-wcc_ist-metz_01_W-Schwab
Werner Schwab, Produkt Manager bei der Heidelberg Web Carton Converting GmbH.

Preisgekrönte Druckmuster

Auch die Organisation PrintCity, eine strategische Allianz von Unternehmen, die im Bereich der Druckindustrie den Transfer von Wissen und Know-how fördert, nutzt die umfangreichen technischen Möglichkeiten in Weiden. So wurde die Musterverpackung »El Drago«, die bei den »PrintStars« 2014 Bronze in der Kategorie »Verpackung« gewinnen konnte, auf der Heidelberg ICS 670 produziert. Mit Hilfe einer Kombination aus verschiedenen Verfahren wie Flexo- und Tiefdruck, Laminierung sowie rotativer Strukturprägung, Folienheiss- und Hochprägung wurden haptische Effekte wie lederartige Strukturen und Metallic-Veredelungen realisiert. Besonders faszinierend ist dabei, dass die Maschine eine weisse Kartonbahn in einem einzigen Arbeitsgang in ein Produkt verwandelt, das fertig bedruckt, hochwertig veredelt und gestanzt ist.

Dieses Potenzial an kreativen Gestaltungsmöglichkeiten, mit denen Verpackungen eine höhere Attraktivität und somit einen wertvollen Mehrwert erhalten, spielt für die Kunden eine wichtige Rolle. Markenartikler sind stets auf der Suche nach Verpackungen mit »shelf attraction«. In der Vergangenheit mag es genügt haben, dass eine Verpackung optisch attraktiv war. Inzwischen sollen sie zusätzlich noch haptische Effekte bieten. Das Produkt muss im Regal ins Auge fallen und darüber hinaus ein angenehmes Gefühl hervorrufen, wenn der Konsument die Verpackung in die Hand nimmt.

heidelberg-wcc_ist-metz_04_Druckmuster-El-Drago
Die auf der Heidelberg ICS 670 produzierte Verpackung »El Drago« hat bei den »PrintStars« 2014 Bronze in der Kategorie »Verpackung« gewonnen.

Um den Erwartungen der Anwender Rechnung zu tragen, hat Heidelberg die neue Demo-Maschine konsequent an deren Wünschen ausgerichtet und drei zusätzliche Easy-Value-Add-Plattformen (EVA) integriert. Diese sind so konzipiert, dass darauf unterschiedliche Prozesse und Druckverfahren eingesetzt werden können. Ein Verfahrenswechsel erfolgt werkzeuglos. Durch diese konsequente Modularisierung kann das Maschinensystem jederzeit an wechselnde Marktanforderungen angepasst werden. Außerdem lassen sich auch nachträglich neue Veredelungsschritte mittels Nachrüstung weiterer Module ergänzen.

Technische Integration der UV-Härtung

Mit der Plattform-Technologie ist Heidelberg quasi in der Lage, aus den umfangreichen Möglichkeiten der ICS-Baureihe jeweils die Idealanlage für individuelle Kunden zusammenzustellen. Gleiches gilt für die Ausrüstung in Sachen Trocknung. Die Philosophie der Modularität wird u.a. dadurch unterstützt, dass sich Heidelberg bei der UV-Technik auf die Firma IST Metz festgelegt hat. Mit den UV-Spezialisten aus Nürtingen bestand schon vorher eine langjährige Partnerschaft. Ausschlaggebend für die Entscheidung waren nach Aussage von Werner Schwab vor allem die folgenden vier Faktoren:

  • Leistungspotenzial der UV-Aggregate, d.h. konkret die Härtungsleistung,
  • Energieeffizienz des UV-Systems,
  • Zuverlässigkeit der gesamten Anlagentechnik und
  • Qualität des weltweiten Service.

Ermöglicht durch die enge Zusammenarbeit konnte die UV-Technik an der Heidelberg ICS 670 vollständig in das Maschinensystem integriert werden, so Volker Selg. Das setzte sehr viel gegenseitiges Vertrauen der beiden Firmen in die Zuverlässigkeit und die Eignung für eine solche gemeinsame Entwicklungsleistung voraus, wie der bei IST Metz für den Vertrieb im Rollenbereich Verantwortliche erklärt. Im Ergebnis kann der Bediener heute auf alle für ihn wichtigen Funktionen der Maschine direkt zugreifen – einschließlich der UV-Härtung.

Jedes Druckwerk ist für den Einsatz von zwei UV-Aggregaten vorbereitet, die als Einschubmodul mit Schnellwechselvorrichtung konstruiert sind. Das gilt in gleicher Weise für die Energieversorgung, da auch die Vorschaltgeräte im Schaltschrank an der jeweils benötigten Stelle eingeschoben werden können. Das Initialisieren der Steuerung geschieht selbstätig, so dass kein Einstellaufwand entsteht und der Bediener in der Steuerung sofort auf das Aggregat zugreifen kann. Dadurch ist eine Umrüstung im Bereich der UV-Ausstattung binnen weniger Minuten abgeschlossen.

Von der Rolle zum Stanzling in einem Arbeitsgang

Die Heidelberg ICS 670 ist als Inline-Maschinensystem für den so genannten Mid-Web-Bereich speziell zur Herstellung von Faltschachteln und anderen Kartonprodukten konzipiert. Damit lassen sich Verpackungen für Marktsegmente wie Kosmetik und Körperpflege, Luxusartikel, Spirituosen oder Zigaretten in einem breiten Auflagenbereich und für einen Mix an Aufträgen vor allem mit sehr hohem Veredelungsgrad in einem Arbeitsgang von der Rolle bis zum Stanzling fertigen. Die Maschine kann dazu mit Modulen für die Verfahren Flexo-, Tief- und Siebdruck ausgestattet werden. Für die Veredelung stehen z.B. Module für die Folien-kalt- bzw. -heiss- und Reliefprägung, Lackierung, Kaschierung und Laminierung sowie für den Rückseitendruck oder ein Hologramm-Insetting zur Verfügung. Verarbeitungsschritte wie Rillen, Stanzen und Prägen können sowohl rotativ als auch flach erfolgen, z.B. mit der Flachbettstanze Heidel

heidelberg-wcc_ist-metz_02_zwei-BLK-Einheiten
An jedem Druckwerk der Heidelberg ICS 670 können zwei UV-Einheiten des BLK-6-Systems von IST Metz zum Einsatz kommen.

berg FCL.

Inline-Produktion birgt viel Potenzial

Um die vielfältigen Möglichkeiten der Heidelberg ICS 670 nutzen zu können, müssen die meisten Faltschachteldruckereien vor allem zwei Hemmschwellen überwinden: den Einstieg in den Flexodruck und den Wechsel vom Bogen- zur Rollenverarbeitung. Deshalb ist viel Überzeugungsarbeit durch Heidelberg als Maschinenanbieter und die Firmengruppe IST Metz als Partner bei der UV-Technik erforderlich. Beide sind jeweils renommierte Unternehmen, die im Verpackungsdruck anerkannt sind. So gilt Heidelberg weltweit als Technologieführer im Druckmaschinenbau, und viele UV-Systeme von IST Metz sind auf Bogenoffsetmaschinen insbesondere auch für den Faltschachteldruck zu finden. Die UV-Spezialisten aus Nürtingen sind außerdem traditionell stark im OEM-Geschäft und mit insgesamt 15 Unternehmen weltweit vertreten.

So sehr das Vertrauen der Kunden in bekannte Markennamen und die gut ausgebaute Vertriebs- und Servicestruktur bei der Vermarktung der Heidelberg ICS 670 auch unterstützend wirken mag, entscheidend ist doch die Vielzahl an kreativen Möglichkeiten, die dieses Maschinenkonzept in sich birgt. Die Heidelberger Druckmaschinen AG hat das Potenzial erkannt und sieht in der Inline-Fertigung mit Flexodruckmaschinen im Kartonsegment ein wachsendes Standbein im Verpackungsdruck.

Zwei sich ergänzende Technologien

Das Unternehmen sieht eine Heidelberg ICS 670 in seiner strategischen Ausrichtung dabei vor allem als Ergänzung zum Bogenoffsetdruck. Weil beide Technologien jeweils eigene Stärken und Vorteile haben, können sie nach Überzeugung von Werner Schwab in Zukunft durchaus nebeneinander betrieben werden. Zum Beispiel stellt er regelmäßig fest, dass die meisten Interessenten das große Potenzial an Chancen, das sich mit Hilfe der Inline-Produktion eröffnet, erst bei praktischen Vorführterminen im Demo-Center in seinem ganzen Umfang erkennen.

So lassen sich viele Prozesse für die hochwertige Veredelung im Gegensatz zum Bogenoffsetdruck nicht nur in die Druckproduktion integrieren, sondern auch noch zusammen mit den Druckverfahren in der Reihenfolge variieren. Das eröffnet Lösungswege für Produkte, die mit konventioneller Technik entweder gar nicht oder zumindest nicht wirtschaftlich zu realisieren sind.

Demonstrieren des Optimierungspotenzials

Dass der Kauf einer Heidelberg ICS 670 für viele Interessenten aus dem Faltschachtelmarkt einen Technologiewechsel bedeutet, mit dem sie teilweise komplettes Neuland betreten, ist dem Maschinenhersteller bewusst. Deshalb wird in Weiden häufig ein hoher Aufwand betrieben, um anhand von Testdrucken das Optimierungspotenzial auszuloten, das sich aus einer ganzen Reihe von Vorteilen ergibt. Beispielsweise entfällt durch die Integration aller Produktionsprozesse in eine Maschine der zeitliche und wirtschaftliche Aufwand, der im Bogendruck für den Transport, die Zwischenlagerung und das Verarbeiten – zum Teil sogar bei externen Dienstleistern – anfällt. Beispielsweise ist die Laminatherstellung bei der ICS 670 in die Produktion integrierbar und muss somit nicht als Fremdleistung zugekauft werden.

Ein wichtiger Faktor für Markenartikler ist »Time-to-Market«. Die Inline-Fertigung ermöglicht kurze Lieferzeiten insbesondere bei hochveredelten Karton-Verpackungen. In der Praxis ist es durchaus möglich, dass ein morgens eingerichteter Auftrag am Abend bereits geliefert ist. Das ist für Druckereien auch unter dem Gesichtspunkt des »Working Capital« vorteilhaft, da das Lagern von halbfertigen Produkten wegfällt. Zudem ist Rollenmaterial in der Regel günstiger als Bogenware.

Stückgenaue Produktion bei der Inline-Fertigung

Gleichzeitig kann die Mehrproduktion entfallen, die beim Bogendruck zum Einrichten der einzelnen Produktionsschritte oder zum Kompensieren möglicher Fehler üblicherweise benötigt wird. Im Rollendruck wird die vom Kunden bestellte Menge stückgenau produziert, und mit Hilfe der 100-Prozent-Kontrolle sind alle ausgelieferten Exemplare geprüft. Das sorgt ebenso für wirtschaftliche Sicherheit wie die Reduzierung äusserer Einflüsse beim Transportieren und Lagern der Halbfertigware. Schwankungen bei Temperatur oder Luftfeuchtigkeit können z.B. ein Schrumpfen der Bogen oder Mängel bei der Kaschierung verursachen, was im ungünstigsten Fall sogar ein Nachdrucken des Auftrags bedeuten kann.

heidelberg-wcc_ist-metz_03_BLK-Einschub-Demo
Die UV-Aggregate sind als Einschubmodul mit Schnellwechselvorrichtung konstruiert.

Bei Verpackungen für den Lebensmittelbereich gilt es die GMP-Vorgaben (Good Manufacturing Practice) einzuhalten. Die Inline-Fertigung bietet hier den Vorteil, dass Transport und Lagerung als Risikofaktoren für Verunreinigungen wegfallen. Die hohen Anforderungen bezüglich Sensorik lassen sich mit UV-härtenden Farben und Lacken ebenfalls erfüllen. UV-Systeme mit Inertisierung stellen eine sichere Lösung dar, die sich in der Praxis seit Jahren auch bei Verpackungsdruckereien bewährt haben. Mit Blick auf die Zukunft sind ferner weitere Trocknungskonzepte, z.B. die LED-UV-Technologie, auf der Heidelberg ICS 670 realisierbar.

Weniger Makulatur beim Stanzen von Rollenmaterial

Beim Stanzen kann die Rollenfertigung ausserdem als grossen Pluspunkt verbuchen, dass der Prozess quasi endlos erfolgt. Den im Bogendruck am Rand anfallenden Abfall gibt es nicht, weil auf der Bahn eine Stanzung direkt an die nächste anschließen kann. Das verringert die Makulatur erheblich. Das Versetzen der Nutzen ermöglicht überdies kleine Abstände, so dass der Materialbedarf insgesamt geringer ausfällt. Dadurch lassen sich spürbare Einsparungen bei den Substratkosten erzielen.

Druckqualität und Wirtschaftlichkeit

Häufig betreffen Fragen von Interessenten die Druckqualität. Hier zeigen Druckmuster und Live-Vorführungen im Demo-Center, dass der Flexodruck selbst bei feinen Verläufen dem Vergleich mit dem Offsetdruck standhalten kann. Ermöglicht wird dies u.a. durch den von Heidelberg entwickelten HiDef-Flexodruck, mit dem sowohl im Rasterbereich als auch bei Vollflächen ein sehr hohes Qualitätsniveau zu erreichen ist. Ein Merkmal sind temperierte Rasterwalzen und eine dynamische Druckzustellung, die dafür sorgen, dass diese hohe Druckqualität in allen Geschwindigkeitsbereichen gewährleistet ist.

Ebenso wichtig wie Druckqualität und technische Eigenschaften ist in der Praxis die Wirtschaftlichkeit eines Maschinensystems. Heidelberg erstellt aus diesem Grund sehr detaillierte Druckjobkalkulationen für die Testdrucke. Dafür werden alle relevanten Parameter berücksichtigt. Das reicht vom Maschinenstundensatz, in den auch regionale Energiekosten und der Flächenbedarf einfließen, über die Verbrauchsmaterialien wie Bedruckstoffe, Farben, Prägefolien, Kleber usw., von denen die marktüblichen Preise ermittelt werden, bis zu den Lohnkosten, für die das jeweilige Lohnniveau aus der Region des Kunden sowie ein mehrschichtiger Betrieb oder die Anzahl der Bediener angesetzt werden.

Zur Kalkulation erhält Heidelberg von den Kunden die Druckjobs mit Layoutdaten, die gewöhnlich für den Bogenoffsetdruck erstellt wurden. Parallel zur technischen Umsetzung eines Auftrags auf die ICS 670 wird geprüft, welches Optimierungspotenzial er aus Sicht von Heidelberg enthält. Auf dieser Basis unterbreitet das Unternehmen Vorschläge, wie zwar das gleiche Endergebnis zu erzielen ist, wie aber z.B. durch den Einsatz eines anderen Materials Kosten zu sparen sind oder wie die Verfahrensweise – etwa durch eine geänderte Reihenfolge der Verfahren – verbessert werden kann. Bei erstaunlich vielen Fällen eröffnen die Möglichkeiten der Inline-Technologie tatsächlich Chancen, einen Druckjob qualitativ, verfahrenstechnisch und wirtschaftlich zu optimieren, so die Erfahrung von Werner Schwab.

Fazit

In vielen westlichen Märkten hat der Faltschachteldruck einen gewissen Sättigungsgrad erreicht. Dort ist kaum noch nennenswertes Volumenwachstum zu erwarten. Chancen bieten hier jedoch Verpackungen, die aufgrund einer hochwertigen Veredelung mehr „shelf attraction“ besitzen. Maschinenkonzepte wie die Heidelberg ICS 670 sind speziell für diese Anforderungen konzipiert, und aufgrund ihrer Modularität lassen sie sich selbst bei zukünftigen Trends an die jeweiligen Marktbedürfnisse anpassen. (Fotos: Ehrlitzer)

 

Heidelberg Web Carton Converting GmbH

Die Heidelberg Web Carton Converting GmbH in Weiden ist Teil der Heidelberger Druckmaschinen AG. Innerhalb der Firmengruppe liefert der Maschinenhersteller spezielle Rollenlösungen von Schmal- bis Breitbahn für den Faltschachteldrucker. Das Portfolio reicht von der Heidelberg CCS 510 für kleine und mittlere Auflagen bis hin zur Heidelberg Intro, die als Produktionslinie mit hohem Output für mittlere und sehr große Auflagen gilt. Sie kommt z.B. im Segment Liquid Packaging zum Einsatz und ist in Bahnbreiten bis 1600 mm und mit einer maximalen Geschwindigkeit bis zu 600 m/min lieferbar. Die ICS-Baureihe, die in den Bahnbreiten 670 mm und 850 mm angeboten wird, ist wiederum prädestiniert für hochveredelte Verpackungen. (Fotos: Ehrlitzer)

www.heidelberg.com
www.ist-uv.de

- Anzeige -